Aus der Presse: Podiumsdiskussion mit den OB-Kandidaten

Bericht des Rheinneckarblogs über die FDP Diskussion mit den OB Kandidaten:

Original verfügbar unter: http://www.rheinneckarblog.de/29/populismus-trifft-auf-kompetenz/69206.html

Mannheim, 29. Mai 2015. (red/ms) Die Mannheimer FDP sprach zwar keine Wahlempfehlung aus – lud aber alle vier Oberbürgermeisterkandidaten zu einer Podiumsdiskussion ein, um den Bürgern die Personen vorzustellen. Da die Redezeiten der Kandidaten pro Frage begrenzt wurden, konnten in gut zwei Stunden fast alle wichtigen Themen des Wahlkampfes angeschnitten werden. Wirklich in die Tiefe ging es dabei aber eher selten. 

 

Von Minh Schredle

“Man kann auch als Oberbürgermeister eine Stadt nicht einfach nach seinen Wunschvorstellungen gestalten,” sagte Dr. Peter Kurz (SPD) gestern: “Der Oberbürgermeister und die Verwaltung können zwar Vorlagen erstellen. Aber die endgültigen Entscheidungen werden bei allen großen Themen immer noch durch den Gemeinderat oder die Bürgerschaft getroffen.”

Diese Worte richten sich vor allem an die Oberbürgermeisterkandidaten Peter Rosenberger (CDU) und Christian Sommer (Die Partei), die in der gestrigen Debatte dazu neigten, es so darzustellen, als würden sich ihre Wahlversprechen allesamt von selbst erfüllen, wenn sie nur gewählt würden. Herr Rosenberger entgegnete Herrn Dr. Kurz:

Aus meiner Zeit als Oberbürgermeister weiß ich inzwischen, wie man Vorlagen so formuliert, dass sie im Gemeinderat eine Mehrheit finden.

Zwischen den Amtsinhabern aus Horb und Mannheim sind deutlich Spannungen zu merken. Christopher Probst (Mannheimer Liste) verfolgt das überwiegend gelassen und wirkt stellenweise fast schon belustigt. Christian Sommer ist ein guter Redner, hat aber wenig zu sagen.

Die FDP als Wahlhelfer

Die vier Kandidaten, die am 14. Juni zur Oberbürgermeisterwahl antreten, vertreten die SPD, die CDU, die Mannheimer Liste und “Die Partei” – gestern waren sie auf einer Podiumsdiskussion der FDP Mannheim, die keinen der Bewerber im Wahlkampf unterstützt.

“Wir hatten innerhalb der Partei verschiedene Präferenzen,” erklärt der Stadtrat Volker Beisel auf unsere Nachfrage: “Da wäre es nicht richtig, es nach außenhin so darzustellen, als stünde “die FDP” geschlossen hinter einem der Kandidaten.” Die Liberalen würden ihren Mitgliedern lieber frei überlassen, wen sie unterstützen – ein klarer Seitenhieb in Richtung Bündnis90/Die Grünen, die zwar “offiziell” den Amtsinhaber unterstützen, tatsächlich aber viele Gegner des OB in den eigenen Reihen haben.

Insgesamt waren gut 70 Besucher anwesend. “Die meisten Gesichter kenne ich noch nicht,” sagt Volker Beisel: “Wir sind selbst ein bisschen überrascht, dass so viele Besucher gekommen sind.” Womöglich ist das einer der Gründe, warum auf Mikrophone verzichtet wurde – was sich im Nachhinein als Fehlentscheidung herausstellte: In den hinteren Reihen habe es manchmal Verständnisprobleme gegeben, schildern einige Besucher nach der Veranstaltung. Insbesondere Herr Probst sei zu leise gewesen.

 

Ansonsten gibt es nur wenig zu beklagen: Die Diskussion wurde hervorragend vom FDP-Kreisvorsitzenden Florian Kußmann moderiert, die Redezeiten der Kandidaten waren pro Frage auf zwei Minuten begrenzt und wurden meistens sogar eingehalten. So ging es bei den teilweise hochkomplexen Sachverhalten zwar nur selten tief in die Materie, allerdings konnte in gut zwei Stunden die breite Palette der bedeutendsten Wahlkampfthemen solide abgearbeitet werden: Die BUGA, Konversion, Wohnungsbau und Stadtentwicklung, Steuern, Sauberkeit, Sanierungsstaus, der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) und Bildungspolitik.

Zunächst hatten die Kandidaten die Gelegenheit, ihre Vision für Mannheim im Jahr 2025 vorzustellen. Herr Probst will die Stadt näher an die Flüsse bringen, hofft auf eine gelungene Konversion und darauf, dass Mannheim weiterhin tolerant, bunt und weltoffen bleibt. Herr Dr. Kurz plant, Mannheim zu dem größten kreativ-urbanen Zentrum im deutschen Südwesten zu entwicklen.

Herr Rosenberger will Mannheim wieder zur zweitgrößten Stadt in Baden-Württemberg machen und die Lebensqualität verbessern. Christian Sommer will keine BUGA, aber ein Indianerreservoir auf dem Coleman-Areal statt Panzern und US-Militär – es ist das einzige Mal, dass der Kandidat von “Die Partei” das Publikum gestern Abend zum Lachen bringen konnte. Seine sonstigen Forderungen klingen so, als wolle der Satire-Kandidat ernst genommen werden: Er will mehr bezahlbaren Wohnraum, ein “echtes” Sozialticket, die BUGA verhindern und die Pro-Kopf-Verschuldung reduzieren – damit müsste er für Die Linke Top-Favorit sein, doch die unterstützt Dr. Kurz, wenn auch verhalten.

Was will Herr Sommer?

Benutzt Herr Sommer “Die Partei” und ihre absurd-skurrilen Forderungen nur, um Aufmerksamkeit zu gewinnen und so seinen linken Forderungen eine Plattform zu schaffen? Oder ist Herr Sommer die perfekte Parodie auf sich selbst? In beiden Fällen ist er ein bemerkenswert guter Redner, der inhaltlich aber deutlich hinter seinen Mitbewerbern zurückblieb und offensichtlich keine sonderlich fundierten Detailkenntnisse über die Mannheimer Kommunalpolitik vorweisen kann – etwa bei den Themen Konversion und BUGA. Herr Sommer vertritt beispielsweise die Ansicht:

Die Ergebnisse des Bürgerentscheids wurden durch Manipulation der Stadtverwaltung verfälscht und müssen somit nicht anerkannt werden.

Er würde als Oberbürgermeister also zuerst alle Verträge mit der BUGA-Gesellschaft aufkündigen. Beim Publikum kommt das sogar gut an – es ist aber rechtlich unmöglich: Der Bürgerentscheid hat für drei Jahre eine bindende Wirkung, selbst wenn man danach die Verträge kündigen würde, müsste das zuerst vom Gemeinderat genehmigt werden.

 

Herr Rosenberger sagte, als “aufrechter Demokrat” müsse man den Bürgerentscheid akzeptieren. Diese Äußerung ist insofern interessant, da Herr Rosenberger selbst die Bestimmungen aus dem Bürgerentscheid wohl sehr frei interpretieren will. Denn in der Frage des Bürgerentscheids, der 2013 eine knappe Mehrheit für die BUGA gefunden hatte, heißt es im Wortlaut:

Soll Mannheim zur nachhaltigen Entwicklung eines Grünzugs Nordost im Jahr 2023 eine Bundesgartenschau durchführen, die überwiegend auf dem Gelände der ehemaligen Spinelli-Kaserne und unter Einbeziehung einer maximal 16 Hektar großen Teilfläche der Feudenheimer Au unter Beibehaltung ihres Status als Landschaftsschutzgebiet stattfindet?

Herr Rosenberger will die Feudenheimer Au aber nicht mit einbeziehen – Zitat: “Die Feudenheimer Au kann schon mit einbezogen werden, muss aber unverändert bleiben.” Faktisch heißt das: Dort wird nichts gemacht. So könne man auch die Straße am Aubuckel dort lassen, wo sie ist und Millionen Euro sparen.

Konversion: Chance und Risiko

Laut Oberbürgermeister Dr. Kurz sei die Einbeziehung der Au von Beginn an die Voraussetzung für eine Bundesgartenschau gewesen. Es gehe bei der BUGA nicht um persönliche Prestigeprojekte, sondern um eine Jahrhundertchance zur Stadtentwicklung:

Mit der BUGA haben wir die Chance, Projekte zu entwickeln, die der Gemeinderat ohnehin umsetzen will – so bekommen wir aber Zuschüssse im höheren achtstelligen Bereich.

Laut Herrn Probst sei der Streit um die BUGA der ausschlaggebende Grund für seine Kandidatur gewesen. Er halte es für, “schlichtweg unverantwortlich” bei Stadtschulden in Milliardenhöhe und derartigen Sanierungsstaus, weitere Großprojekte mit hohen Folgekosten in Angriff zu nehmen, bevor man nicht seine Verpflichtungen abgearbeitet habe.

 

 

Die Konversion ist ohne Zweifel die größte kommunalpolitische Herausforderung, die in Mannheim in den kommenden Jahrzehnten ansteht. Inbesondere das Benjamin-Franklin-Areal ist zugleich eine einmalige Chance und ein einmaliges Risiko: Das gesamte Investitionsvolumen für das Areal, auf dem bis zu 8.000 Menschen wohnen sollen, beträgt rund 220 Millionen Euro – das ist doppelt so viel, wie für die BUGA vorgesehen ist. Peter Rosenberger wirft dem Amtsinhaber vor:

Vielleicht wäre es gut gewesen, bei der Planung die Bürger besser miteinzubeziehen und mehr auf deren Wünsche einzugehen. 

Dr. Kurz reagierte verärgert auf diese Aussage, denn gerade beim Franklin-Areal habe es die verschiedensten Beteiligungsformate gegeben, bei denen Bürgerinnen und Bürger ihre Ideen und Anregungen einbringen konnten und die Verwaltung habe immer wieder ihre Planung an die vorgetragenen Bedürfnisse angepasst. Christopher Probst stimmte dem zu und betonte:

Uns kam es bei der Konversion nie auf den größtmöglichen Profit an. Sondern auf die bestmögliche Stadtentwicklung.

Dabei gebe es – auch heute noch – natürlich unterschiedliche Ansichten über die Detailplanung, aber im Wesentlichen stünden der Gemeinderat und die interessierte Bürgerschaft hinter den Grundzügen der Planung.

Gelungene Veranstaltung

Die anderen Themen des Abends wurden weniger ausführlich behandelt und oft nur in kurzen Stellungnahmen abgehandelt. Herr Rosenberger sprach sich dafür auf, den KOD deutlich aufzustocken, um in allen Stadtteilen Präsenz auf den Straßen zu zeigen. Laut Oberbürgermeister Dr. Kurz komme man schnell in unbezahlbare Dimensionen, wenn man wirklich in allen Stadtteilen eine spürbare Verbesserung des subjektiven Sicherheitsgefühls erreichen wolle. Herr Probst erklärte, er wolle den KOD maßvoll erweitern und das Erfolgsmodell City-Streife auch im Jungbusch und der Neckarstadt-West testen.

Beim Publikum ließ sich keine eindeutige Präferenz ausmachen: Welcher der Kandidaten beispielsweise wie viel Applaus bekam, hing immer vom jeweiligen Redebeitrag ab und weniger von der Person. Die Kandidaten Dr. Kurz und Herr Probst fallen durch kompetente Sachkenntnisse auf, Herr Rosenberger und Herr Sommer eher durch Populismus. Die Zuschauer zeigten sich zufrieden mit der Veranstaltung und noch lange im Anschluss an die Podiumsdiskussion redeten die verschiedenen Kandidaten mit dem Publikum.