Ausweitung der Videoüberwachung stößt bei FDP auf Ablehnung – Software und gesetzliche Grundlage fehlen bisher

Volker Beisel und Dr. Birgit Reinemund

Die Pläne zur Installierung von über 70 neuen Videokameras in der Innenstadt und am Alten Messplatz stoßen bei der FDP im Gemeinderat auf Ablehnung. Die FDP lehnt diesen Eingriff in das Grundrecht auf „Informationelle Selbstbestimmung“ ab. Auch fehlt die gesetzliche Grundlage zum Erstellen solcher Aufzeichnungen und die Software für die sogenannte intelligente Videotechnik.

„Als Liberaler fällt es mir schwer die Grundrechte gegeneinander aufzuwiegen“, erklärte FDP-Stadtrat Volker Beisel im Sicherheitsausschuss. „Videokameras machen unsere Städte nicht sicherer. London und andere Metropolen sind flächendeckend mit Kameras ausgerüstet, die Kriminalität ist dort dennoch viel höher und die Aufklärungsquoten niedrig.“ Trotz erneuter Nachfrage bekam die FDP keine Auskunft zum Erfolg der Videokameras auf dem Bahnhofsvorplatz. Die Frage „In wie vielen Fällen konnten mittels Videobeweisen Täter erfolgreich überführt werden?“ blieb unbeantwortet. Jetzt soll die polizeiliche Videoüberwachung erneut auf weitere Flächen ausgeweitet werden.

 

Gefühl von Sicherheit

 

„Videoüberwachung vermittelt lediglich ein Gefühl von Sicherheit, auch dies durchaus ein Wert an sich. Doch rechtfertigt das bereits einen solch massiven Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger? Wir sagen: nein! Mehr reale Sicherheit erzielt man nur durch mehr Polizisten auf der Straße“, fordert Stadträtin Birgit Reinemund.

„Die Anschaffung von Überwachungstechnik ist zudem keine städtische Aufgabe“, betont Reinemund. „Die Polizei ist eine Landesbehörde und auch ihre andere technische Ausrüstung wird vom Land und nicht von der Stadt bezahlt“. Für den Einsatz intelligenter Videotechnik – also einer Bilderkennungssoftware, die Gefahren erkennen und dann Alarm schlagen kann – fehlt bisher die notwendige Ermächtigungsgrundlage im Polizeigesetz. „Wir sollen also 800.000€ Mannheimer Steuergelder bereitstellen für Videotechnik, für die es noch keine gesetzliche Erlaubnis gibt?“, kritisiert Volker Beisel. Ebenso fehlt bisher die Auswertungs-Software. Diese soll erst im laufenden Betrieb in Mannheim entwickelt werden. „Wir sollen also 800.000€ Steuergelder bereitstellen für Videotechnik, für deren Einsatz die Software nicht existiert?“, hinterfragt Beisel weiter. Die geplante soziologische und rechtswissenschaftliche Begleitung des Mannheimer Videoversuchslabors unterstreicht deutlich, welches Neuland hier betreten wird. „Es soll also fachlich begleitet beobachtet werden, wie sich die Überwachung der Menschen auf ihr Verhalten auswirkt und welche Veränderungen im täglichen Leben diese Kontrolle per Videokamera mit sich bringt. Dazu sollen Rechtswissenschaftler die juristischen Fragen in Zusammenhang mit dem Eingriff in ein Grundrecht auswerten. „Das erinnert an einen menschlichen Feldversuch. Georg Orwell hätte seine helle Freude an diesem Stoff gehabt“, ärgerte sich der FDP-Stadtrat.