Nach zwei Tagen Etatberatungen und der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2010/11 herrschte gestern Nachmittag ausgelassene Stimmung im Gemeinderat. „Toll, dass Ihr noch so gut gelaunt seid“, wunderte sich SPD-Stadtrat Reinhold Götz über seine feixenden CDU-Kollegen Christina Silbernagel und Steffen Ratzel. So schnell wie wahrscheinlich noch nie hatten Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz und die Kommunalpolitiker die zweitägige Debatte um Einnahmen und Ausgaben von jeweils rund 1,08 Milliarden Euro im Doppelhaushalt 2010/11 geführt. Am Ende stand dann sogar ein leichtes Plus gegenüber dem Etatentwurf aus dem Rathaus – und mit dem gebührenfreien dritten Jahr im Regelkindergarten eine Entscheidung, auf die alle stolz waren.
„Sachlich und konstruktiv“, so kommentierte Kurz die Diskussion über viele Themen, die im Vorfeld noch sehr umstritten waren. Der Oberbürgermeister sieht das als „wichtiges Signal für die Handlungsfähigkeit von Politik“ und meinte: „Wir werden vor weiteren Herausforderungen stehen. Aber diese Etatberatungen stimmen mich optimistisch, dass wir sie bestehen können.“ So steht die neue Steuerschätzung im Mai an, aber auch die gewaltigen Finanzkrisen in Griechenland und in Spanien machen dem Stadtoberhaupt Kopfzerbrechen. Wie wirken sich die Entscheidungen in Bund und Land in der globalen Krise auf den kommunalen Haushalt aus?
„Es war nicht leicht, aber das war auch nicht verwunderlich“, sagte SPD-Fraktionschef Dr. Stefan Fulst-Blei mit Rückblick auf Montag und Dienstag. Große Sprünge habe man angesichts der fehlenden Mittel nicht machen können. Aber der Etat sei eine Antwort auf die Krise: 87 Millionen werden in Schulen investiert, 41 neue Kindertagesstätten geschaffen – und dazu das gebührenfreie letzte Jahr im Regelkindergarten. Aber auch den neue Familien-Pass mit sozialer Komponente, mehr Geld für das Bildungsprogramm MAUS sowie die stark gestiegenen Zuschüsse für die freie Kulturszene stehen für ihn auf der Habenseite. Schmerzlich würden ihn die geplanten Schulschließungen stimmen, doch da werde man ein offenes Ohr für die Betroffenen haben.
Für die CDU war ihr Fraktionsvorsitzender Carsten Südmersen erleichtert, dass die Steuererhöhungen, die im Raum standen, bis auf die Grundsteuer B nicht verwirklicht wurden: „Da sind wir, die Wirtschaft und die Bürger mit einem blauen Auge davongekommen.“ Auch er lobte das gebührenfreie Kindergartenjahr und „dass der Familien-Pass wieder da ist“. Beinahe sei „über die Hintertür“ der alte Sozialpass wieder eingeführt worden. Sein Fazit angesichts einer Neuverschuldung von zusammen 80 Millionen Euro: „Kein Haushalt zum Hurra schreien.“
„Es wird nicht leichter werden“, meinte auch Grünen-Fraktionschef Wolfgang Raufelder. Seine Pluspunkte: die Kita-Gebühren, der Familien-Pass Plus und viele Konzepte wie Flugplatz-Umnutzung und zum Klimaschutz, die auf den Weg gebracht wurden. Genau das kritisierte sein Kollege Volker Beisel von der FDP: „Dafür werden wir mehr Personal brauchen.“ Er hätte sich mehr Sparmaßnahmen gewünscht – und deshalb lehnten die Liberalen zusammen mit Mannheimer Liste und den Linken den Doppelhaushalt ab. Dr. Achim Weizel (ML): „Die Erhöhung der Grundsteuer war ein falsches Signal“. Thomas Trüper (Linke) hätte gerne eine höhere Gewerbesteuer gehabt, meinte aber: „Es hätte schlimmer kommen können.“