„Sparen bei der Kripo ist völlig inakzeptabel“

Sicherheit: Politiker wollen Einschränkungen bei Polizeiarbeit nicht hinnehmen / CDU fordert schnell mehr Geld

Von unserem Redaktionsmitglied Heiko Brohm – Mannheimer Morgen, 25. April 2012

Weniger Streifenfahrten, weniger Ermittlungen – der Sparkurs der Polizei sorgt für jede Menge Diskussionen. Besonders die Mannheimer CDU, im Land seit vergangenem Jahr in der Opposition, fährt schwere Geschütze auf. „Die größte Bedrohung für den Staat ist die organisierte Kriminalität. Bei den Ermittlungen in diesem Bereich zu sparen, halte ich für völlig inakzeptabel“, sagte Steffen Ratzel, sicherheitspolitischer Sprecher der CDU-Gemeinderatsfraktion gestern.

Click here to find out more!Ratzel hatte selbst in der Vergangenheit bereits darauf hingewiesen, dass die Polizei wegen fehlender Finanzmittel nicht mehr voll einsatzfähig sei. Durch die Aussagen der Präsidiumsführung sieht er sich jetzt bestätigt. Am Montag hatte der Chef der Kripo, Heinz Gräter, dem „MM“ auf Nachfrage bestätigt, dass die Ermittlungsarbeit in bestimmten Bereichen „spürbar zurückgefahren“ worden sei, um Geld zu sparen.

Jetzt fordert Ratzel, dass das Land schnell reagiert und das „strukturelle Problem“ bei der Finanzierung der Polizei behebt, also mehr Geld zur Verfügung stellt. „Alles andere hielte ich für einen Skandal.“ In Sicherheitsfragen dürften die Kostenfragen nie im Mittelpunkt stehen. Die jetzige Situation führe dazu, dass sich kriminelle Strukturen verfestigen könnten.

Gleiche Probleme in Heidelberg

Auch bei den anderen Parteien hält man die Situation für problematisch. „Für uns ist klar: Die Sicherheit darf nicht unter finanziellen Vorgaben leiden“, sagte Wolfgang Raufelder, Landtagsabgeordneter der Grünen. Die Politik müsse sich dieser Frage annehmen. Allerdings gebe es noch offene Punkte. „Zuerst muss Klarheit her, ob das ein Mannheimer Phänomen ist und warum es jetzt so massiv auftritt.“ Wenn sich herausstelle, dass die Polizei mehr Geld brauche, „dann muss nachgeschossen werden“. Etwas verwundert zeigte sich Raufelder allerdings, dass niemand von der Polizei das Gespräch mit ihm als Landtagsabgeordneten gesucht habe.

Die SPD-Landtagsabgeordnete Helen Heberer wandte sich in einem Brief an Innenminister Reinhold Gall. Sie schildert darin die Situation in Mannheim und fragt ihren Parteikollegen nach „Hintergründen und Zusammenhängen, die bereits jetzt im ersten Quartal des Jahres zu den geschilderten finanziellen Engpässen bei der Polizei führen“. Stefan Fulst-Blei, ebenfalls für die SPD im Landtag, weist darauf hin, dass die Vorgängerregierung Einschnitte bei der Polizei geplant hätte, die Grün-Rot noch zurückgenommen habe.

„Wenn die Kripo oder die Polizeistreifen in Mannheim ihre Arbeit aufgrund steigender Kosten zurückfährt, dann ist das skandalös“, schreibt Volker Beisel, FDP-Fraktionschef im Gemeinderat. Das Land verzeichne Rekord-Steuereinnahmen, umso unverständlicher sei es, bei der Sicherheit zu sparen. Auch Thomas Mohr von der Gewerkschaft der Polizei meldete sich noch einmal zu Wort. „Ich lehne diese Sparvorgaben bei der organisierten Kriminalität kategorisch ab.“

Unterdessen zeichnet sich ab, dass die Mannheimer Polizei mit ihrem Finanzproblem nicht alleine dasteht. „Wir haben alle die gleichen Probleme“, sagte der Leiter der Polizeidirektion Heidelberg, Bernd Fuchs. „Wir prüfen derzeit, ob auch wir die Streifenfahrten pauschal kürzen werden.“ Eine Einschränkung der Arbeit der Kriminalpolizei wolle er aber verhindern. Als Grund für die Probleme nennt Fuchs die schlechte Finanzausstattung der Präsidien. Zwar verweise das Land immer auf stabile Zahlungen. Die Sachmittel gingen aber stetig zurück. „Bei uns bleibt Jahr für Jahr weniger übrig.“