Entspannung durch Fitness-Training

Etatberatungen in Mannheim: Parteien ziehen Bilanz der beiden Marathonsitzungen von Montag und Dienstag / Knackpunkte Schulentwicklungsplanung und Stadtbücherei

Von unserem Redaktionsmitglied Martin Tangl

Ein Wildschwein-Monitoring zur Zählung des dreisten Borstenviehs bleibt Mannheim erspart. Auch der Grünen-Antrag über 20 000 Euro für Bewegungsgeräte für die sportliche Ertüchtigung der Fahrgäste an den Haltestellen des ÖPNV erntete bei den Etatberatungen mehr Spott als Zustimmung. Dafür lockerte dann Trainer Klaus Weiß mit seinem Gesundheits-Team den Gemeinderat samt Oberbürgermeister und Dezernenten in der Mittagspause mit Entspannungsübungen auf.

Das war denn auch die einzige Entspannung: 14 Stunden bis zum späten Dienstagabend dauerte der zweite Sitzungstag, bis schließlich Dr. Peter Kurz das Ergebnis für den Doppelhaushalt 2014/15 sowie die mittelfristige Finanzplanung bis 2017 verkündete. Zuvor mussten nach der Ausgabefreudigkeit der Stadträte mit 217 Anträgen knapp 5,4 Millionen Euro aus 2016 und 2017 herausgerechnet werden, damit die angepeilte Liquiditätsreserve für die beiden Jahre nicht allzu sehr strapaziert wird (wir berichteten).

Streit um Kulturhauptstadt

„Wir hätten gerne auf die Kulturhauptstadt und den Radweg in der Bismarckstraße verzichtet“, zog CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen für seine Christdemokraten Bilanz. Auch eine Senkung der Grundsteuer B habe er leider nicht durchsetzen können, ansonsten aber seien es anstrengende, aber auch konstruktive Etatberatungen gewesen. „Wenn über die Kulturhauptstadt geheim abgestimmt worden wäre, hätte der Ausstieg sicher eine Mehrheit bekommen“, orakelte ein Parteifreund bei einer Sitzungspause. Im Vorfeld der Entscheidung hatte Kurz bei SPD und Grünen vehement dafür geworben, sich aus der Kulturhauptstadt-Bewerbung für 2025 nicht zu verabschieden.

„Strittig, aber angemessen“, so kommentierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Eisenhauer den Sitzungsmarathon. Gemeinsam sei die Sanierung der Leichtathletikhalle auf dem MTG-Gelände im Pfeifferswörth durchgesetzt worden. Auch der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) habe in einer konzertierten Aktion mit der CDU vier zusätzliche Stellen erhalten. Der Badische Rennverein erhält für die Seckenheimer Waldrennbahn ebenfalls eine zusätzliche Finanzspritze.

Streitpunkt wird im kommenden Jahr sicherlich der Standort für eine neue Stadtbücherei werden. Die SPD hatte mit Planungskosten einen möglichen Umzug der Bildungseinrichtung zusammen mit dem Institut für Deutsche Sprache an den Alten Meßplatz initiiert, während die CDU darauf beharrt, dass die Stadtbücherei trotz vieler Mängel im Stadthaus N 1 bleibt. Neben den anstehenden Millionen-Investitionen noch ein Großprojekt, das will Südmersen nicht einleuchten.

Konflikte deuten sich auch in der Schulentwicklungsplanung an, wenn sich eine Kommission 2014 mit der Schließung von Werkrealschulen, künftigen Gemeinschafts- und Ganztagsschulen beschäftigen wird. Beschlossen hat der Gemeinderat jetzt erstmal, die Erich-Kästner-Schule für 4,3 Millionen Euro zu einer Ganztagsschule auszubauen.

„Wir haben den Haushalt an vielen Punkten verbessert, die uns wichtig waren“, hielt Matthias Meder die Abschussrede bei den Grünen. Hunde aus dem Tierheim werden ein Jahr von der Steuer befreit, diese Initiative der Partei fand ebenso Zustimmung wie die Einrichtung eines Beauftragten für schwul-lesbische Belange. Die Grünen haben außerdem der Stadt ein kleines Finanzpolster verschafft, indem auf ihren Antrag ab 2015 die Vergnügungssteuer auf 25 Prozent erhöht wird. Außerdem feierte Meder den Radweg in der Bismarckstraße „als wichtigen Bestandteil einer zukunftsorientierten Mobilität gegen eine rückwärtsgewandte Verkehrspolitik“.

Die Fortführung dieses umstrittenen Projekts war für Prof. Dr. Achim Weizel und die Freien Wähler/Mannheimer Liste ein Grund, den Doppelhaushalt abzulehnen. Ähnlich äußerte sich FDP-Fraktionschef Volker Beisel. Außerdem erneuerte er seine Kritik an „Luftbuchungen“ im Etat. Auch die Liberalen verweigerten am Ende die Zustimmung.

© Mannheimer Morgen, Donnerstag, 12.12.2013