Weiter Kampf um die Leitstelle

„Lassen Sie uns die Hand reichen“, meinte Landesbranddirektor Hermann Schröder – aber davon konnte keine Rede sein. Bei der Verbandsversammlung des Stadtfeuerwehrverbandes im Stadthaus N 1 hatte der Vertreter des Innenministeriums keinen leichten Stand. Vehement prallten die Meinungen aufeinander. Repräsentanten aller Parteien und der Feuerwehr machten deutlich, dass Mannheim nicht auf seine eigene Leitstelle verzichten will.

Er bestehe darauf, dass die „Sicherheit Mannheims auf derzeit hohem Niveau gewährleistet bleibt“, betonte Karl F. Mayer, Vorsitzender des Stadtfeuerwehrverbandes, und äußerte sich kopfschüttelnd über das Gutachten, das Heidelberg wegen der Hochwassergefahr als besseren Standort genannt hatte: „Ich bin 64 Jahre alt und habe noch nie Hochwasser gesehen auf dem Vögelegelände“ – dem geplanten Mannheimer Standort. Zudem müsse man sehen, wo der Bau kostengünstiger sei; auch das spreche für die Quadratestadt. Die Mannheimer dürften nicht „die Kurden Baden-Württembergs“ sein, sprich ständig benachteiligt, schimpfte Mayer.

„Keine Querschüsse“

Zuvor hatte sich Erster Bürgermeister Christian Specht dagegen gewehrt, dass das Land „überall den gleichen Maßanzug überstülpt“. Zwar habe er Verständnis, wenn man Kosen sparen, Strukturen vereinheitlichen wolle. Doch er erinnerte an den Lagerhallenbrand und die Gasexplosion in Ludwigshafen mit Auswirkungen auf Mannheim, an das Zugunglück, an Kurdenfestival, Demonstrationen von Salafisten, Güterbahnhof und Hafen, enorme Zuwanderung und 200 sogenannte Problemimmobilien.

„Das sind Dimensionen, die haben andere Städte nicht, darauf muss man die Sicherheitsvorkehrungen abstellen und uns nicht mit dem vorderen Odenwald in einen Topf werfen“, machte Specht deutlich. Wenn künftig Mannheimer Notfalleinsätze von Heidelberg aus gesteuert würden, werde Mannheim nicht die Verantwortung übernehmen, „dann mus klar sein, wer vor die Presse tritt, wenn was passiert“.

Wenn Mannheim diese Bedenken formuliere, seien das „keine Querschüsse“, widersprach Specht deutlich dem Innenminister. Der Oberbürgermeister habe klar ein „Betriebs- und Redundanzkonzept verlangt, das den Sicherheitsinteressen der Mannheimer Bevölkerung entspricht“. Das liege nicht vor. Gar „mit Füßen getreten“ würden Mannheimer Interessen, wenn nun – wie von Krankenkassen gefordert – die Redundanzleitstelle (also Ersatz bei technischen Problemen) für Heidelberg in Karlsruhe sein solle.

„Karlsruhe kommt nicht infrage“, beruhigte Schröder, der ganz kurzfristig für die Tagung zugesagt hatte. Mannheim behalte eine Zentrale für die Feuerwehr, die dann Redundanzleitstelle werden könne. Aber das Gesetz verlange nun einmal, dass alle Notrufe einer Region an einer Stelle eingingen und bearbeitet werden – und der geeignete Ort hierfür sei Heidelberg. Dort werde man eine „Musterleitstelle für die ganze Bundesrepublik“ einrichten, die allen Gefahrensituationen berücksichtige, versprach er. Bis 2021, so kündigte er an, wolle das Land die Trägerschaft aller Leitstellen allein den Kommunen überantworten, nicht mehr ganz oder teilweise den Rettungsorganisationen. Dabei begrüßte Schröder ausdrücklich, wenn Mannheim beim Rettungsdienst „stärker eingreife“.

Deutlichen Widerspruch erntete Schröder von Politikern aller Parteien. „Zweifel, ob die Mannheimer Sicherheitsinteressen berücksichtigt sind“ äußerte Grünen-Landtagsabgeordneter Wolfgang Raufelder. „Wir werden darauf achten, dass Mannheim nicht neben runterfällt“, versprach er. „Der Notruf 112 muss weiter in Mannheim eingehen“, sagte Stadträtin Marianne Seitz (CDU). „Wir werden im Gemeinderat nichts beschließen, nichts gutheißen, was die Sicherheit in Mannheim und den Einsatzablauf unserer Feuerwehr verschlechtern würde“, betonte Boris Weirauch (SPD). „Dafür bewilligen wir kein Geld“, bekräftigte Volker Beisel (FDP). „Da sind wir uns über alle Fraktionen einig“, ergänzte Christopher Probst (ML).