Mannheimer Morgen, 30. September 2009. Vom Redaktionsmitglied Jan Cerny.

Die Mannheimer SPD durchlebt ein Wechselbad der Gefühle: Noch bei der Kommunalwahl vor rund vier Monaten konnte sie die CDU überflügeln. Gerade sind sie Genossen dabei, in den Stadtteilen die Bezirksbeiräte zusammenzustellen. Durch die Bank können sie in diesen Gremien auf Kosten der CDU mehr Sitze besetzen als nach der Kommunalwahl 2004. Die Freude darüber erhielt bei der Bundestagswahl am vergangenen Sonntag einen kräftigen Dämpfer.

„Ich wähle Stefan Rebmann“, plakatierte in den letzten Tagen der SPD-Ortsvereinsvorsitzender Kurt Kubinski auf der Rheinau und zeigte sich im Bild an der Seite des SPD-Kandidaten für den Bundestag. Dass er ihn wählt, überraschte niemand – überraschend war eher, wie wenige dem rührigen Rheinauer folgten. Kubinskis Hoffnungsträger landete auch in dem Stadtteil weit abgeschlagen hinter dem CDU-Konkurrenten Professor Dr. Egon Jüttner. Der hatte zwar auf der Rheinau keine besonders auffällige Unterstützung, plakatierte aber mit dem Slogan „Ein Mannheimer für Mannheim“. Wie in der ganzen Stadt, dürfte der Slogan viele Wähler angesprochen haben.

Beim Blick auf die Ergebnisse der Wahl vom Sonntag fällt auf, dass von den Mannheimer südlichen Stadtbezirken Rheinau, Neckarau und Lindenhof auf der Rheinau die Partei Die Linke besonders viel zugelegt hat. Tatsächlich leben in dem Vorort viele Menschen, die aufgrund der Arbeitslosigkeit auf Unterstützung angewiesen und mit den Regelungen rund um „Hartz IV“ unzufrieden sind. Die Schuld geben sie der SPD. 

Auf dem Lindenhof schnitt hingegen besonders stark die FDP ab: 18,5 Prozent der Zweitstimmen. Übertroffen wurde dies nur in dem Stadtbezirk Oststadt/Schwetzingerstadt. Zugleich zeigt sich, dass es den Wählern nicht immer um die Direktkandidatin ging als vielmehr um die Stärkung der Liberalen. In keiner anderen Partei fällt der Unterschied zwischen den Erst- und Zweitstimmen so groß aus, auch nicht bei den Grünen und den Linken. Auf dem Lindehof beträgt er bei der FDP rund neun Prozent. Zu dem guten Abschneiden der Liberalen im Stadtteil wird auch die Popularität des FDP-Mitglieds, ehemaligen OB-Kandidaten und rührigen Lindenhöfer Wolf Engelen beigetragen haben.

Ähnliches Bild zeichnen die Ergebnisse für Neckarau. Wie auf dem Lindenhof, können hier neben der FDP auch die Grünen von einer „Hochburg“ sprechen. Mit auffallender Konsequenz vergaben aber ihre Wähler die Zweitstimme der Partei (15 Prozent) und die Erststimme deren Kandidaten Dr. Gerhard Schick (14,2 Prozent). Der Unterschied beträgt nicht einmal ein Prozent. 

In der Rubrik „Sonstige“ fällt besonders die Partei „Piraten“ auf. Sie erhielt durchweg über zwei Prozent, am meisten in Neckarau (2,3 Prozent). Offenbar gibt es auch im Mannheimer Süden Menschen, die sich Sorgen um die zunehmende Überwachung der elektronischen Kommunikation sowie den Schutz der persönlichen Daten machen.