Offener Brief der FDP zum Kirchentag in Mannheim

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Hauptausschuss am 15.7.08 wurde mehrheitlich beschlossen, dem Zentralkomitee der Katholischen Kirche verbindlich zu erklären, dass die Stadt Mannheim die Durchführung des Deutschen Katholikentages 2012 mit 1.500.000,-€ unterstützt (Beschlussvorlage 434/2008). Wir sind der Auffassung, dass für eine Verpflichtungserklärung in dieser Höhe der Gemeinderat nach § 2 Satz 2 Punkt 16 unserer Hauptsatzung zuständig ist und daher die bisherige Beschlussfassung im Hauptausschuss nicht ausreicht.

Auch inhaltlich geben wir nochmals zu bedenken, dass die Stadt durch die Unterstützung einer Religionsgemeinschaft ihre Neutralität gegenüber den verschiedenen Religionsgemeinschaften in Mannheim verletzt. Wenn wir einer Religionsgemeinschaft für ihre Tagung in Mannheim einen Zuschuss gewähren, müssen wir zukünftig nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz auch anderen Religionsgemeinschaften Zuschüsse für ihre Tagungen in Mannheim geben. Wir möchten in diesem Zusammenhang an die seit Jahren stattfindende europäische Tagung der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinden erinnern (2007: 40.000 Besucher). Diese Tagung bekommt keinen Zuschuss durch die Stadt Mannheim – obwohl einige Bürger der Stadt dieser Religionsgemeinschaft angehören.

Im Übrigen bringen auch andere Großveranstaltungen viele Besucher nach Mannheim, die hier Geld ausgeben und die Stadt Mannheim bekannt machen – wie z.B. der Deutsche Kardiologentag oder der Deutsche Anwaltstag. Die Einnahmen aus diesen Veranstaltungen (Umwegerentabilität) bei Hotels, Restaurants und natürlich auch beim Konzern Stadt Mannheim dienten bereits als Argument für den Ausbau des Rosengartens – wenn dieses Argument jetzt für die Bezuschussung der Veranstaltungen im Rosengarten herangezogen wird, geben wir diese „Umwegerentabilität“ ein zweites Mal aus. Sollen in Zukunft all diese Großveranstaltungen in Mannheim bezuschusst werden?

Die Teilnehmer des Katholikentages sind gerade uns Liberalen – ebenso die Teilnehmer anderer religiöser Veranstaltungen – in Mannheim herzlich willkommen! Sicherlich bringen sie einen finanziellen und ideellen Gewinn für die Stadt.

Gleichwohl stimmt es uns sehr nachdenklich, wenn wir nur durch „großzügige“ Zuschussgewährung eine Großveranstaltung nach Mannheim ziehen können. Es kann nicht angehen, dass wir als Stadt Mannheim durch „Zuschussgabe“ einen vermeintlich guten Geschäftsabschluss tätigen.

Wir bitten Sie daher, die Beschlussfassung nochmals zu überdenken und mit dieser Fragestellung den Gemeinderat unbedingt – auch aus den rechtlichen Aspekten – zu befassen. In diesem Zusammenhang möchten wir auch an das gerade beschlossene Verschuldungsverbot erinnern. Die mittelfristige Finanzplanung der Jahre 2010 und 2011 bewegt sich schon heute gefährlich nahe an der Grenze zur erneuten Nettoneuverschuldung. Daher sollten Zuschussentscheidungen dieser Größenordung – auch unter dem Gesichtspunkt des Verschuldungsverbotes – zwingend im Gemeinderat behandelt werden.

Mit freundlichen Grüßen

– Dr. Elke Wormer – – Volker Beisel –

PS: Dieses Schreiben an Sie und die Kollegen wird veröffentlicht.