Mannheimer Morgen, 11.05.2009 (von Waltraud Kirsch-Mayer)

Was „sozial“ wörtlich bedeutet, istschnell geklärt – es leitet sich vondem lateinischen „socius“ ab, das für„gemeinsam, verbunden, verbündet“steht. Im aktuellen Duden findensich Erläuterungen wie „gesellschaftlich,gemeinnützig, wohltätig“.Wie solche Definitionen politischmit Leben erfüllt werden, darüberwird nicht nur in Wahlkampfzeitenheiß diskutiert. Und dennochverbindet alle Parteien – auch inMannheim – die Erkenntnis: Sozialpolitikmuss so vielfältig sein, wie dieGruppen, die zusammenleben.Für SPD-Stadträtin MarianneBade heißt Sozialpolitik, dafür zusorgen, dass alle Bürger einer Stadt –ob Familien, Alleinerziehende, Junge,Alte, Migranten die „Chance derTeilhabe“ bekommen und niemandan den Rand gedrängt wird. Dabeigelte es, „Querschnittsaufgaben“ zuerfüllen: Die Integration von Migrantenreiche beispielsweise von derSprachförderung im Kindergartenbis zum Ausbau von Pflegeeinrichtungen,die sich auch auf Seniorenmit einem anderen kulturellen Hintergrundeinstellen. „Familienfreundlich,seniorengerecht und behindertengerecht“, so interpretiertChristdemokrat Konrad Schlichterdas Wörtchen sozial. „Einen komplettenUmbruch“ sieht der CDUStadtratin der Behindertenhilfe –hier ermögliche das persönliche Förderbudget„Hilfen nach Maß“.„Allen Menschen soziale Kontakteermöglichen“, das ist für GabrieleThirion-Brenneisen von den Grünengelungene Sozialpolitik. Wichtigsind ihr Kooperationen mit Vereinen– „denn dort spielt sich gelebte Demokratieab, kann man Gemeinschafterleben“.Bislang hat im Programm der MLdie Sozialpolitik eher eine untergeordneteRolle gespielt. „Das wirdsich ändern“, kündigt KarlheinzTrautmann an, der aus seiner Arbeitbei der Lebenshilfe weiß, wie wichtigChancengerechtigkeit ist – auch undgerade für Menschen, die auf Unterstützungangewiesen sind.Üblicherweise wird in Wahlkämpfenheftig gestritten, was Prioritäthaben sollte. In der Sozialpolitikgibt es erstaunlich viele Übereinstimmungen.Quer durch die Parteiensetzen sich Kommunalpolitikerfür Barrierefreiheit ein. „Darauf wirdsich auch der private Wohnungsmarkteinrichten müssen“, meintVolker Beisel von den Liberalen. DieStadt sieht er in der Pflicht, Straßen,Zugänge und Haltestellen so zu gestalten,dass Mütter mit Kinderwägenwie Menschen im Rollstuhlüberall unkompliziert hinkommen.Familie und BerufEinigkeit herrscht auch bei dem Plädoyer,Kinderbetreuungsangeboteso auszubauen, dass Familie und Berufvereinbar sind. Und deshalb habensich alle den (ohnehin gesetzlichvorgeschrieben) Ausbau von Krippenplätzenauf die Fahnen geschrieben.Dass jeder Sprössling in den Genusseiner frühpädagogischen Betreuungkommen sollte, ist längstkein Streitpunkt mehr – allerdingswird die Beitragsfrage unterschiedlichdiskutiert. „Wir setzen uns für einengebührenfreien Kindergartenein“, formuliert Beisel die Positionder Liberalen. Gudrun Kuch von derLinken spricht sich für einen Schulfondszur Unterstützung von Berufsschülernaus und plädiert ebensodafür, dass der Kindergarten nichtskostet. Dr. Gehard Schäffner von derBürger Union sieht in der Frühpädagogikeine gesellschaftlich Aufgabe –„die Schule , auf die der Kindergartenvorbereitet, kostet ja auchnichts“, argumentiert er. Hingegenspricht sich Sozialdemokratin MarianneBade dafür aus, erstmal dasdritte Kita-Jahr beitragsfrei anzubieten.Für und wider SozialpassUnterschiedliche Standpunkte auchbeim Sozialpass: Während Grünen-Politikerin Thirion-Brenneisen diesemgenauso wie Gudrun Kuch„hohe Priorität“ einräumt, sieht derLiberale Beisel darin ein „bürokratischesInstrument“, das zugunsteninsgesamt niedrigerer Eintrittspreiseabgeschafft werden sollte. ChristdemokratSchlichter favorisiert den„Familienpass plus“. Und noch einThema bewegt die Kommunalpolitiker:Sie wollen der Kinderarmut denKampf ansagen.Die Positionen der Parteien zur Sozialpolitik:[…]FDP: Gebührenfreie Kindergärten von Anfang an, Krippen ausbauen,statt Sozialpass Eintritt in öffentlicheEinrichtungen senken.