Mannheimer Morgen, 14. Mai 2009 (von Thorsten Langscheid)

Wahlkampf 2009 – eine Kampagne, die sich zunehmend im Internet abspielt? Von fast schon „altehrwürdigen“, statischen Homepages mit viel Text auf der einen Seite und quirligen Web-Communities auf der anderen, in denen Privates und Politisches munter durcheinandergebloggt und getwittert, gechattet und gepostet wird, reicht das Internet-Angebot der Mannheimer Kommunalpolitiker.“Wir halten es für wichtig, uns im Internet zu präsentieren“, meint Holger Schmid von der Mannheimer Liste. „Die Print-Medien sind für uns aber nach wie vor die Hauptsache.“ Um Bilder, aktuelle Termine und Wahlaussagen schnell unters Volk zu bringen, sei ein Web-Auftritt „sicher richtig“. Von „myspace“ und „youtube“, „wkw“, „flickr“, „twitter“ oder „facebook“ hält man bei der ML nicht viel.“Bei uns gehen die Zugriffszahlen derzeit exponential nach oben“, beschreibt Gerhard Heckmann die Rolle des Internets für die SPD. Getwittert und gebloggt wird parteioffiziell nicht, „das muss man persönlich machen“, meint Heckmann, Internetbeauftragter der Sozialdemokraten. So sind einzelne Kandidaten im Web 2.0 durchaus anzutreffen – Stadträtin Andrea Safferling (SPD) zum Beispiel bringt – wie eine überparteiliche Reihe ihrer Kollegen auch – auf „youtube“ in 86 Sekunden ihre persönliche Botschaft rüber.Ihre Kollegen von der FDP sind sogar hochoffiziell digitalisiert: Hatten die Liberalen doch von berufener Stelle Nachhilfe in Sachen Wahlkampf im Web. Kein geringerer als David Hardt, der Chef der US-amerikanischen Jung-Demokraten, also Barack Obamas Partei-Nachwuchs, hatte auf Vermittlung des Jungliberalen EU-Kandidaten Florian Berg den Mannheimern Tipps für ihren Wahlkampf via „twitter“ und „facebook“ gegeben. FDP-Sprecher Jens Brandenburg: „Wir finden“s wichtig, dabei zu sein!“Wichtig, dabei zu seinObama konnte über Klein-Spenden mehrere hundert Millionen Dollar einsammeln – seine Präsidentschafts-Kampagne gilt als erste, die tatsächlich vom Volk finanziert wurde. Von Obama lernen, heißt „daddeln“, also im Internet spielen, lernen? „Wir twittern und bloggen nicht“, stellt Dr. Gerhard Schäffner für die Bürger-Union klar. Zu groß der Aufwand, zu gering der Nutzen. „Immerhin: Etwa jede zweite Zuschrift kommt per E-Mail.“„Neue Wähler werden wir kaum gewinnen können“, schätzt CDU-Chef Claudius Kranz die Online-Aktivitäten seiner Partei eher als „nach innen“ gerichtet ein. „Wir erhoffen uns von den Homepages und Mail-Aktivitäten einen Mobilisierungseffekt bei denen, die uns nahestehen.“ Klaus Hertle, Internetbeauftragter der CDU, sieht im Web zumindest derzeit noch keine Möglichkeit, à la Obama Spendengelder einzusammeln: „Der Aufwand ist zu groß.“Ein „enormes Potenzial“ sieht Thomas Trüper (Linkspartei) im Web, doch auf lokaler Ebene laufe derzeit noch nichts: „Wir haben kein Geld und keine Leute.“ Einzelne Kandidaten, zeigen als Privatpersonen Webpräsenz bei „facebook“ oder „myspace“. Trüper: „Es wird sicher unser letzter Wahlkampf sein, bei dem wir ohne Online-Aktivitäten auskommen müssen.“ „Spenden im Internet kostet keinen Cent Gebühren“, stellt Gerhard Fontagnier (Grüne) klar – und hat, wenn auch in eher bescheidenem Rahmen, tatsächlich Einnahmen aus Online-Spenden über seine Homepage zu verzeichnen. „Natürlich nicht vergleichbar mit Obama“, lacht er, „aber bisher kamen immerhin an die hundert Euro aus Klein-Spenden zusammen.“ Fontagnier nutzt alle denkbaren Online-Kanäle, um im Wahlkampf Präsenz zu zeigen, er hat sogar eine von seinen Söhnen betriebene Unterstützer-Community „Wählt meinen Pa!“. Keine „riesigen Wählerwellen“, aber doch einen stetigen Fluss an neuen Kontakten registriert Fontagnier. „Das sind vor allem junge und bisher noch nicht in meinem politischen Umfeld aktive Leute.“ Eine Statistik der Suchmaschine „Google“ bestätigt, was Heckmann für die SPD beobachtet: „Die Seitenaufrufe gehen steil nach oben, das Wahl-Interesse nimmt zu!“