Mannheimer Morgen, 16. September 2009 (von Waltraud Kirsch-Mayer)

Die Parteienlandschaft ist bunt – aber nicht so bunt wie der Garten von Birgit Reinemund. In dieser Oase, die auch in einer mediterranen Region liegen könnte, sprießt es in allen Farben. Wer sich in dem Biotop umschaut, ahnt: Diese Frau hat einen grünen Daumen. Politisch hält es die Bundestagskandidatin aber lieber mit Gelb. „Dabei stamme ich aus einer tiefroten Familie.“ Ihr Onkel Fritz Esser war nämlich SPD-Politiker. „Und der hat uns beigebracht, sich zu engagieren.“

Als Garten-Liebhaberin weiß die 50-Jährige, dass nur wer sät, ernten kann. „Und wer eine andere Politik will, der sollte auch etwas dafür tun.“ Schließlich muss auch für ein schönes Blumenbeet der Boden bereitet werden – was mächtig Knochenarbeit sein kann. Im Garten wie in der Politik.

Eine streng abgezirkelte Rabattenkultur, in der Tulpen in Reih und Glied blühen, damit hat die gebürtige Käfertalerin, die seit Jahren im Kern von Feudenheim lebt, nichts am Gärtnerhut. Immer mal wieder etwas Neues sprießen lassen, das ist auch ihr Lebensmotto. „Alle 15 bis 20 Jahre eine neue Herausforderung – das beflügelt mich.“ Dabei ist die promovierte Tierärztin alles andere als der sprunghafte Typ „heute hier – morgen dort“. Man sollte Veränderungen einfach eine Chance geben, findet sie. „Ich bin kein Mensch, der Routine mag.“

Als Jugendliche hätte sie am liebsten bei Grzimek gearbeitet. Statt Zebras und Wüstenmäuse behandelte sie aber nach dem tiermedizinischen Studium erstmal Kühe und Schweine, später Hunde und Hamster. Im Keller ihrer ehemaligen Feudenheimer Kleintierpraxis begann ihr damaliger Lebensgefährte im Bereich Elektronik und Technik ein Außenhandelsprojekt aufzubauen. Die Veterinärin bildete sich betriebswirtschaftlich weiter, verkaufte 1998 ihre Tierarztpraxis, um als kaufmännische Geschäftsführerin und Gesellschafterin in das Unternehmen einzusteigen. In ihrem neuen Betätigungsfeld lernte sie all jene bürokratischen Hindernisse kennen, die ein mittelständischer Unternehmer bewältigen muss – eine jener Erfahrungen, die sie bestärkte, in die Politik zu gehen. „Denn nur meckern, ist nicht mein Ding.“

Als Gartenliebhaberin ist Birgit Reinemund beim Anlegen einer neuen Blumenecke gewohnt, sehr genau zu überlegen, welche Zwiebeln gesetzt werden sollen und welche nicht. Ähnlich pragmatisch ging sie bei der Auswahl der Partei vor. „Ich habe einfach den Wahl-O-Mat befragt“, erzählt sie lachend. Beim Abgleichen ihrer Standpunkte mit den Antworten der Parteien habe es bei der FDP „einfach die meisten Übereinstimmungen gegeben“. 2002 trat sie den Liberalen bei – und stieg gleich voll ein. „Ganz oder gar nicht“, lautet ihre Devise. Warum will sie in den Bundestag, jetzt, da sie es geschafft hat, in den Mannheimer Gemeinderat einzuziehen? „Im Parlament sitzen 30 Prozent Beamte, die oft keine Ahnung haben, wie es in der Wirtschaft tatsächlich zugeht – da wird einfach mehr Sachverstand gebraucht, der aus der Praxis kommt.“ Und der Ehemann, mit dem Birgit Reinemund seit eineinhalb Jahren verheiratet ist, was meint der? „Der hat mich von Anfang unterstützt – und gesagt, das kriegen wir hin.“ Ohnehin hält die 50-Jährige von klassischer Rollenverteilung wenig. Jeder solle sein Leben und seine Partnerschaft gestalten, wie er es für gut hält. Deshalb findet sie es auch ganz normal, dass ihr Mann, der gern und gut kocht, nach Feierabend für das Tischleindeckdich sorgt. Für Kräuter, die er zum Abschmecken braucht, ist wiederum sie im Garten zuständig. Und ausgedehnte Waldspaziergänge zum Entspannen unternehmen die beiden auch gemeinsam.

Ihre Kondition stärkt die FDP-Bundestagkandidatin im Fitnessstudio. Und da gilt es auch vom Adrenalin-Pegel runterzukommen. Denn so ein Wahlkampf, sagt sie, ist nicht nur anstrengend, sondern auch aufregend.