Mannheimer Morgen, 19. September 2009. Vom Redaktionsmitglied Peter W. Rage.

„Er schmeckt“, sagten die Test-Trinker aus dem Publikum einhellig, „besser als erwartet“. Sie meinten damit den Cocktail, den drei Mannheimer Bundestagskandidaten mixten – denn als die Wirtschaftsjunioren sie jetzt im Rosengarten zur Bundestagswahl auf den Prüfstand stellten, sollten sie nicht nur ihre Positionen vortragen, sondern auch etwas leisten: einen Cocktail mixen.

„Politisches Assessment-Center“ nennen die jungen Unternehmer und angestellten Führungskräfte in der Industrie- und Handelskammer (IHK) die Veranstaltung, die sich so wohltuend von der Podiumsdiskussions-Routine abhebt. Sie wollen damit „Politik einmal anders, nämlich kurzweilig“ präsentieren, so Michael Sittek, der zusammen mit Jürgen Ding zwei Stunden lang souverän den Kandidaten auf den Zahn fühlte – und das ist ihnen gelungen.

Vom Blatt abgelesen

„Wir verfahren wie in der Wirtschaft, wenn wir Bewerber auswählen: wir wollen die Persönlichkeit kennenlernen“, erläuterte Jürgen Ding, ehe er mit Sittek die Bewerber dazu brachte, eben mehr als den üblichen Lebenslauf von sich preiszugeben, etwa auch über persönliche Fehler zu sprechen.

Konnten die fünf Direktkandidaten hier noch alle gut parieren, wurde es bei der zweiten Aufgabe schon schwieriger: In genau fünf Minuten sollten sie das Programm ihrer Partei vorstellen. Während Prof. Dr. Egon Jüttner (CDU) einfach nur vom Blatt ablas und das Zeitlimit überschritt, sprach Michael Schlecht (Linke) frei. Stefan Rebmann (SPD), Dr. Birgit Reinemund (FDP) und Dr. Gerhard Schick (Grüne) entschieden sich für moderne Powerpoint-Präsentationen, doch nur Schick verstand die jungen Wirtschaftsvertreter zu beeindrucken, indem er noch dazu völlig frei seine Positionen vortrug. Er war es auch, der in der anschließenden Diskussionsrunde als Einziger zwischendurch Applaus erhielt – für sein Plädoyer gegen Zensur, für einen freien Internetzugang.

Bei der Frage der Moderatoren, wie sehr der Staat regulierend in die Wirtschaft eingreifen sollte, prallten naturgemäß die Positionen aufeinander. Richtig kontrovers wurde es sonst nur, als Rebmann Jüttner damit konfrontierte, in fünf Jahren im Gemeinderat habe er sich nur zweimal zu Wort gemeldet. Das, so entgegnete Jüttner, könne er „so nicht akzeptieren“.

Am Ende wurden alle fünf Direktkandidaten dann von Sittek („Sie sollen sich ja auch gemeinsam für das Wohl des Landes einsetzen“) mit der Gemeinschaftsaufgabe konfrontiert: unter Leitung von Steffen Steck (Cocktailbar „Regie“) einen Cocktail zu kreieren, der bei einer Wirtschaftsjunioren-Veranstaltung für einen guten Zweck verkauft wird. Doch es mixte nur die „Ampelkoalition aus Schick, Rebmann und Reinemund. Schlecht notierte das Rezept, Jüttner schaute zu.