Mannheimer Morgen, 23. April (von Anke Philipp)

Kürzungen des Bundes bei Hartz IV
bereiten den Kommunen verstärkt
Kopfzerbrechen: So sanken unter
anderem die Mittel für Leistungen
zur Eingliederung in Arbeit beim
Job-Center Mannheim von 24,4 Millionen
in 2010 auf 13,69 Millionen
Euro in 2011 – eine besorgniserregende
Entwicklung, wie jetzt Oberbürgermeister
Dr. Peter Kurz im Gemeinderat
betonte. In diesem Jahr
könne die Mittelkürzung noch verkraftet
werden, sagte Kurz bei der
Vorstellung des Finanzplans im
Stadthaus. Spätestens 2012 würden
aber Folgen sowohl bei der Stadt als
auch bei den Freien Trägern spürbar.
Arbeitslosenzahl halbiert
Zwar habe das Job-Center gut gewirtschaftet,
Leitung und Mitarbeiter
– auch der Freien Trägern – hätten
sich über Gebühr für die Belange
arbeitsloser Menschen eingesetzt,
lobten die Stadträte vor allem die Erfolge
bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit.
Die Einsparungen
des Bundes seien allerdings
„unverantwortlich“ und „ein harter
Brocken für die Kommune“, so Gabriele
Katzmarek (SPD) und Gudrun
Kuch (Linke). Weder durch Bürgerarbeit
noch durch das Bildungspaket
könne dies kompensiert werden.
Wer dies behaupte, vergleiche Äpfel
mit Birnen, sagte die Sozialdemokratin.
So hätten sich Langzeitarbeitslose
„nicht in Luft aufgelöst“,
seien Ältere nach wie vor schwer in
den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar.
Die Streichung des Rentenzuschusses
für Bezieher von Arbeitslosengeld
II habe zudem mehr Menschen
in die Grundsicherung getrieben,
ergänzte Gabriele Thirion-
Brenneisen (Grüne).
Volker Beisel (FDP) verteidigte
die schwarz-gelbe Regierungspolitik.
Es sei doch klar, dass der Rückgang
der Arbeitslosenzahlen zu Einsparungen
führen müsse, alles andere
sei dem Steuerzahler nicht zuzumuten,
kritisierte er die „Schwarzmalerei“
seiner Kollegen. Seit 2005
habe sich die Arbeitslosenzahl nun
mal halbiert, hob Konrad Schlichter
(CDU) hervor.
Die Qualität der Beschäftigung
lasse indes mehr als zu wünschen
übrig, sagte Reinhold Götz (SPD):
Von zehn Neueinstellungen in
Mannheim seien lediglich zwei unbefristet,
vier befristet, vier seien
Leiharbeitsverhältnisse. 6300 Leiharbeiter
würden teils unter dem
Niedriglohnniveau bezahlt. Götz:
„Auch dies gehört zur Realität in unserer
Stadt.“ Betroffen seien auch
viele junge Menschen: Jeder Zweite
unter 30 Jahren habe noch nie unbefristet
gearbeitet.
Auch deshalb sei es nötig, sich
jenseits von Quoten und Finanzplänen
nüchtern mit der Qualität von
Beschäftigung in Mannheim zu befassen,
forderten einige Politiker unter
anderem mehr Einfluss auf die
Arbeit des Job-Centers. „Wir wissen
nicht, ob die Menschen, die aus der
Statistik rausfallen, wirklich Eingang
in den ersten Arbeitsmarkt gefunden
haben“, kritisierte Thomas Trüper
(Linke), dass der Gemeinderat – bei
aller Freude über die Arbeit des Job-
Centers – lediglich Zahlen „abnicken“
könne. Zu entscheiden gebe
es für die Kommunalpolitiker nichts
– eine Tatsache, die nicht hinnehmbar
sei. Trüper forderte „eine qualifizierte
kontinuierliche Berichterstattung
jenseits von Quoten“ über Entwicklungen
auf dem Arbeitsmarkt.