Front zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb

Kommunalpolitik: Etatberatungen beginnen mit Beschluss zur Gewerbesteuer / CDU droht mit Ablehnung des gesamten Haushalts

Von unserem Redaktionsmitglied Martin Tangl – Mannheimer Morgen

Beinahe vollständig gehen die Stadträte heute in die Etatberatungen. Bei den knappen Mehrheiten zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb mit der Mannheimer Liste zählt jede Stimme. CDU-Bundestagsabgeordneter Prof. Dr. Egon Jüttner hat dafür sogar ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin abgesagt, um als Stadtrat in Mannheim nicht zu fehlen. Denn gerade, wenn es gleich zum Auftakt der Sitzung im Stadthaus zum Schlagabtausch um die Gewerbesteuer kommt, dann gilt\“s.

SPD, Grüne und Linke wollen von 415 auf 430 Hebesatzpunkte erhöhen. Dagegen läuft die Mannheimer Wirtschaft seit Wochen Sturm. Aber 15 Sozialdemokraten, acht Grüne, der Linke Thomas Trüper und die parteilose Gudrun Kuch ließen sich nicht umstimmen, haben mit 25 genau die erforderliche Mehrheit der 48 Stadträte. Auch Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) ist ja als Mitglied des Gemeinderates stimmberechtigt, hat aber schon sein Nein zu den Plänen der Genossen angekündigt. Gegen die Steuererhöhung stehen also CDU (15), FDP (4) und ML (3) die zusammen mit Roland Weiß (parteilos) und Kurz zusammen auf 24 Stimmen kommen. Allerdings hat sich Stadtrat Michael Himmelsbach (ML) krank gemeldet.

CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen hat am Wochenende noch einmal unmissverständlich klar gestellt, dass seine Partei am Ende der Beratungen dem Satzungsbeschluss zum Haushalt nicht zustimmen wird, sollte die 430 als Hebesatz für die Gewerbesteuer stehen. Das wäre historisch in der Mannheimer Kommunalpolitik. SPD-Fraktionschef Ralf Eisenhauer hält dagegen die Gewerbesteuererhöhung \“für einen mehr als angemessenen Beitrag\“ der Wirtschaft, um die Kinderbetreuung in Mannheim auszubauen, Schulen und Wissenschaft zu fördern, das kulturelle Angebot der Stadt weiter zu entwickeln – und mit den Mehreinnahmen von auf Dauer geschätzten knapp 10 Millionen Euro jährlich sechs Millionen Schulden zusätzlich zu tilgen und so Zinsen zu sparen.

Für Südmersen dient die Steuererhöhung jedoch nur zur Erfüllung eines \“rot-grünen Wunschpakets\“. Die FDP nennt das \“rot-grüne Wünsch-Dir-Was-Politik\“, finanziert durch Steuererhöhungen. Über 250 Anträge sind bis gestern zu den Etatberatungen eingangen – und es fällt auf, dass SPD und Grüne zahlreiche Anträge gemeinsam eingebracht haben. \“Das ist ein klares Bekenntnis zu Rot-Grün, eine Zusammenarbeit wie in einer Koalition. Die CDU soll an den Rand gedrängt werden\“, schimpft Südmersen. Das sehen die Genossen anders, die SPD werde beispielsweise bei der Erhöhung der Steuer für Glücksspielautomaten mit den Christdemokraten stimmen und so die Abgabe sogar bis auf 25 statt bisher 15 Prozent erhöhen, heißt es aus der Fraktion.

Zusätzlich Geld für Erzieherinnen

Zusammen gerechnet sehen die Sozialdemokraten Mehreinnahmen von etwa 14 Millionen Euro vor, dagegen zwölf Millionen Euro beantragte Mehrausgaben – für SPD und Grüne geht damit die Rechnung auf. So soll beispielsweise mit jährlich 550 000 Euro ein Attraktivitätsfonds für Erzieherinnen gebildet werden, um die Kinderbetreuung zu sichern. Auch der Radverkehr will Rot-Grün mit 300 000 Euro zusätzlich pro Jahr stärker fördern. Das Sozialticket für Hartz-IV-Empfänger für den ÖPNV steht mit 400 000 Euro ebenso auf der rot-grünen Agenda wie jeweils eine Million Euro für Gemeinschaftsschulen. Für Kinder, Jugend und Bildung, da wollen SPD und Grüne grundsätzlich mehr ausgeben. Ein Tierschutzbeauftrager, den die Grünen fordern, erhält ebenfalls Unterstützung bei der SPD.

\“Lauter strukturelle Mehrausgaben für die kommenden Jahre\“, wettert Südmersen. Wenn die CDU Zuschüsse wie beispielsweise bei den Bläserphilharmonikern von 30 000 Euro in 2012 und 15 000 Euro in 2013 erhöhe, sei das projektbezogen und nicht dauerhaft. Auch mache die Union zahlreiche Sparvorschläge. So sollen die Personalkosten im Rathaus jeweils um eine Million, die Sachkosten um jeweils zwei Millionen im Jahr sinken. Der Verzicht auf den Radweg in der Bismarckstraße bringe 1,2 Millionen Euro an Einsparungen. Dazu rechnet die CDU mit Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer von jeweils zwei Millionen im Jahr gegenüber dem Ansatz aus dem Rathaus – und das auch ohne Steuererhöhung. Geld genug für Südmersen, um im Gegenzug sogar die Grundsteuer, die vor zwei Jahren erhöht worden war, wieder zu senken und außerdem sechs Millionen Euro an Schulden zusätzlich zu tilgen.